Samstag, 19. Februar 2011

Die Dinge und der Umgang

Auf dieser Welt gibt es viele (die physische wie psychische) Gesundheit-gefährdende Dinge. Zigaretten, unter bestimmten Bedingungen frei verkäuflich. Retouchierte Frauen in Modemagazinen. Ballerspiele.
Eigentlich dachte ich immer, dass ich zu denen gehöre, die für die radikale Abschaffung solcher Dinge sind. Die Zigarettenindustrie einstampfen. Nur noch Zeitschriften wie die Brigitte verkaufen. Den Markt auf gewaltfreie Strategie- und Run and Jump-Spiele beschränken. Natürlich war da immer der Einwand, dass wir doch freie Menschen sind, und jeder selbst entscheiden kann, ob er sich die Zigarette, unerreichbare Schönheitsideale, Massenmetzeleien 'antut'. Nein, war da bislang meine Replik, zu viele Zwänge setzen uns (schwachen Menschen) mindestens einem dieser Einflüsse aus, denen wir uns dann nur schwer entziehen können.
Jetzt denke ich anders. Das kann so nicht funktionieren. Ich plädiere nicht länger für eine radikale Abschaffung (allerdings auch nicht dagegen). Stattdessen fordere ich radikal ein 'Einflusstraining'. Wir lernen in der Schule, wie man 1 und 1 zusammenzählt, 'Donaudampfschifffahrtselektrizitätenhauptbetriebswerkbauunterbeamtengesellschaft' schreibt, wie viele Finger Pandas haben. Von unseren Eltern/Erziehern lernen wir, wie man das Essen zum Mund führt, sich die Schuhe zubindet und 'Danke' sagt. Von unseren FreundInnen lernen wir, wie man Menschen anderen Geschlechts kennen lernt, sich schminkt, sich die Haare gelt.
Was wir nicht lernen, ist, mit unserer eigenen Psyche umzugehen. Zumindest wird es uns von niemandem beigebracht. Wie wir mit Gefühlen, Gedanken, Impulsen, Grübeleien verfahren. Vielleicht bemerken wir dies nicht, da wir ja 'irgendwie' klarkommen in dieser Welt. Weil wir zahlreiche in unser Gehirn wie in Stein gemeißelte Metaüberzeugungen (z.B.: Wenn ich mit typischen weiblichen Rundungen Models in Zeitschriften sehe, dann fühle ich mich wie ein Versager, und wenn ich mich wie eine Versagerin fühle, dann bin ich auch eine.) besitzen, an denen nicht zu rütteln ist: was schon immer da war, muss korrekt gelernt worden sein. Normalerweise verfügt man aber über die Fähigkeit der Reflektion des Gelernten. Für die Metaüberzeugungen gilt dies nun aber nicht. Die sind da und werden nicht hinterfragt (z.B. gemäß dem Achtsamkeitsprinzip: Das Gefühl, das ich eine Versagerin bin, ist ein negativ gefärbter Gedanke, der wie jeder Gedanke vorüberzieht. Meine Gedanken sind nicht ich selbst.). Weil uns keiner lehrt, wie. Und das fordere ich. Kein Wunder, dass in den USA der Gang zum Psychotherapeuten 'Trend' geworden ist. Es gibt in (einigen!) Schulen das Unterrichtsfach Ethik, die Lehre, was wir anderen schulden, warum nicht die Lehre vom guten Leben? Diese wird dann augenscheinlich, wenn man in die Buchhandlungen geht, von einer Fülle an Lebensberatern übernommen, von denen ein Großteil nur noch mehr Verwirrung stiftet.
Sehe nur ich dies so, für die es zumindest manchmal schwer ist, mit ihrer eigenen Psyche zurecht zu kommen, und deswegen in den Gesellschaftsphänomenen der (beginnenden, ansatzweisen, leichten) Nikotin-, Mager- oder Spielsüchten ein Symptom jener unterlassenen Hilfeleistung der Gesellschaft, der Lehre des 'Seelenumgangs' zu erkennen glaubt? Ich bin mir jedenfalls sicher, dass ein buddhistischer Blick auf unsere Gesellschaft zu einer ähnlichen Kritik führen würde, stammt doch gerade das Prinzip der Achtsamkeit aus dem Buddhismus...

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