Sonntag, 16. Januar 2011

Geh' Kaffee Weg: Tee.

Tee hat nicht die Arroganz des Weines - nicht das Selbstbewusstsein des Kaffees - nicht die kindliche Unschuld von Kakao. Im Geschmack des Tees liegt ein zarter Charme, der ihn unwiderstehlich macht und dazu verführt ihn zu idealisieren.
Laotse

D i e s e s Zitat bringt es auf den Punkt. Da fragt man sich, was herrlicher ist: das Aufsichwirkenlassen der Worte oder das Insichfließenlassen des Tees selbst.
Da ersteres auf jeden Fall wunderbar ist, nehme ich mal an, dass letzteres aufgrund der besonderen Erlebnisqualität das Gelesene noch toppen muss.
Warum ich nur annehme, und nicht weiß?
Nunja, der Stress im letzten Jahr hat seinen Tribut gefordert und mich schleichend zu einer Koffeinabhängigen gemacht, der nunmal in seiner am leichtesten verfügbaren Form im ebenso fast ubiquitär verfügbaren Biokaffee enthalten ist. Dieser hat mir sozusagen das von Laotse beschriebene Selbstbewusstsein verliehen und mir die Kraft gegeben, die Welt und die verfügbaren Optionen so realistisch wie möglich zu sehen. Obwohl der Japaner sagt, man solle einen Umweg gehen, wenn man in Eile ist, bin ich den kürzeren Weg schneller gegangen, wobei mir der Kaffee ein entscheidendes Stück geholfen hat. Ob ich dadurch tatsächlich auch schneller ans Ziel gekommen bin, ist allerdings fraglich. Fraglich ist ohnehin, ob man geht, um an ein Ziel zu gelangen, oder ob nicht vielmehr der Weg selbst schon das Ziel ist. Ich weiß, das sind mal wieder Worte, die eine aussichtslos-naive idealistische Grundeinstellung vermuten lassen in einer Welt, die ganz automatisch aufgrund ihrer sozialen und ökonomischen Zwänge in Zweck-Mittel-Kategorien denken lässt. Aber sie lassen mich doch dem dem Idealismus zugeneigten Tee, wie Laotse schreibt, wieder näher stehen. Vielleicht überwinde ich auf diese Weise wenigstens meine Kaffeesucht und finde zur Teezeremonie zurück, die mich immerhin für den Moment aus ebensolchen Zwängen befreit. Dabei muss mir die Welt ja nicht gänzlich in kindlicher Unschuld erscheinen. Schließlich trinke ich keinen Kakao.

2 Kommentare:

  1. Damit hab auch ich zu tun: den Kaffee, den kräftigen, zurückzudrängen zugunsten des Tees, des feinen. Meistens macht der Kaffee das Rennen. Ich pflichte Dir bei: Es liegt am Lebens- und Arbeitsstil.
    Dich grüßt der Roland.

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  2. Welcher leider auch dazu führt, dass man die besten Neujahrsgrüße erst viel zu spät erwidert. In diesem Sinne: Auch dir ein frohes neues Jahr mit vielen hoffentlich realisierbaren Vorsätzen, und doch ein wenig Tee.

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