Sonntag, 21. Juni 2009

Exklusives Abonnentenkonzert mit Yoko Kikuchi

Heute war ich zusammen mit meiner Freundin H. auf dem Konzert der Südwestdeutschen Philharmonie Konstanz. Programm: Klavierkonzert Nr. 1 von Johannes Brahms (Solistin: Yoko Kikuchi) sowie Antonin Dvoraks Symphonie Nr. 9 „Aus der Neuen Welt“ . Ich hatte von einem Freund zwei Freikarten für die erste Reihe bekommen, zwar für den linken Block, aber da zwei Plätze in der Mitte frei blieben, konnten wir uns diese nicht entgehen lassen: Wir saßen so nah an der Pianistin, dass wir jeder Bewegung ihrer Finger folgen konnten. Einerseits bezaubert von dieser unglaublichen Unmittelbarkeit war ich gleichzeitig erschreckt über die unbefleckte Menschlichkeit, die das gesamte Orchester, der Dirigent auf einmal zeigte. Was dort nur einen Meter weit vorne saß, war nicht die vollkommene Einheit und Harmonie, die das Stück präsentierte, sondern eine Art akustisch pixelierte Ansammlung von ganz fehlbaren Individuen, von denen jedes seine ganz eigene Spielweise hatte. Plötzlich konnte ich nicht mehr entscheiden, ob ich aufgrund der exklusiven Nähe zu den Musikern, zu denen ich aufschaue, oder aufgrund der durch die Nähe übertragenen Anspannung, bloß keinen falschen Ton zu spielen, nervös war. Das war mal ein Genuss der ganz anderen Art: Fast vergleichbar mit einem Kitzeln, bei dem man nicht recht entscheiden kann, ob man es unangenehm findet, oder nicht.
Der Dirigent war auf jeden Fall einsame Klasse: Er steckte die gesamte menschliche Ausdruckskraft in seinen Quasi-Tanz auf dem Podest, und, die Augen und das Herz fest auf ihn gerichtet, konnte man sich in ganze Kaskaden von Gefühlen hineinbegeben, so wie Musik nach meiner Meinung eben wirken sollte. Keine falsche Zurückhaltung, sondern völliges Zu-sich-stehen. Und gleichzeitig trotz dieser Vereigenartlichung völlige Harmonie mit dem Orchester. Da fiel mir wieder der kürzlich gelesene Artikel zum gemeinsamen Musizieren ein:
http://www.wissenschaft.de/wissenschaft/news/301586.html
Danach synchronisieren sich die Hirnstrommuster von gemeinsam musizierenden Menschen.
Stellt sich die Frage, ob dies auch bei den Zuhörern der Fall ist?
Ein schöner Gedanke, dass Konzerte so zum Weltfrieden beitragen könnten. Bei mir hat das Konzert zumindest zum Seelenfrieden geführt. Und das ist auch schon etwas.

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